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Lohnfortzahlungsbetrug - Wenn der Arbeitnehmer in Verdacht steht, seine Krankheit nur vorzutäuschen
Rechtmäßigkeit von Observationen: Wann sind detektivische Maßnahmen im Krankheitsfall durch eine Detektei möglich?
Für Arbeitgeber ist die Observation eines Arbeitnehmers, der im Verdacht schadhaften Verhaltens steht, ein probates Mittel, um den betreffenden Mitarbeiter abzumahnen oder gar zu kündigen.
Um auch tatsächlich sein Begehren durchsetzen zu können, muss einiges beachtet werden. Die goldene Regel ist, dass die gesammelten Beweise gerichtlich verwertbar sind, also rechtmäßig ermittelt wurde und ein ausreichender Verdacht vorlag. Diese zwei Voraussetzungen müssen kumulativ zusammen wirken.
Der wohl häufigste Grund, weshalb eine Detektei als Hilfe herangezogen wird, ist der sog. Lohnfortzahlungsbetrug. Der Arbeitnehmer steht im Verdacht, dass er einen Krankheitsfall nur vortäuscht, aber trotzdem sein Entgelt weiter bezieht.
Grundlage für die Lohnfortzahlung ist das Entgeltfortzahlungsgesetz, nachdem ein Arbeitnehmer im Falle einer unverschuldeten Krankheit, seinen Lohn vom Arbeitgeber weiterhin ausbezahlt bekommt ( § 3 I EntgFG ). Da einem ärztlichen Attest einen hohen Stellenwert zugerechnet wird, ist zunächst auch von einer Krankheitslage auszugehen.
Eine Vermutung oder wenig stichfeste Anhaltspunkte lassen in diesem Rahmen keine Observation zu.
Hier stehen das Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers und der Datenschutz entgegen, da die Beobachtung und die Anfertigung von Bild- und/ oder Videomaterial einen Eingriff in diese Rechte darstellt.
Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat mit seinem Urteil vom 19.02.2015 (Az. 8 AZR 1007/13) entschieden, dass ein Arbeitgeber, der wegen des Verdachts einer vorgetäuschten Arbeitsunfähigkeit einem Detektiv die Überwachung eines Mitarbeiters überträgt, unerlaubt handelt, wenn sein Verdacht nicht auf konkreten Tatsachen beruht.
Geklagt hatte eine Angestellte, die über mehrere Wochen krankgeschrieben war. Zunächst wegen Erkältungskrankheiten und anschließend wegen Verdacht auf Bandscheibenvorfall. Diese „Kreuzung“ der Krankheiten weckten beim Arbeitgeber die Vermutung, dass die Krankheit nur vorgetäuscht ist, zumal es kurz zuvor zu Meinungsverschiedenheiten kam. Da sowohl vom Hausarzt und auch von einer Orthopädin Atteste vorlagen, geht das Gericht in seiner Begründung davon aus, dass die Observation rechtswidrig war, da kein konkreter Verdacht vorlag.
Grundsätzlich ist jedoch festzuhalten, dass Beobachtungen von Mitarbeitern durch Detekteien möglich sind.
Betrugshandlungen sind nicht nur Straftaten und stellen eine erhebliche Pflichtverletzung seitens des Arbeitnehmers dar, sondern sie führen auch zu hohen wirtschaftlichen Schäden beim Arbeitgeber. Die Unternehmen müssen diese schadhaften Handlungen nicht einfach so hinnehmen. Dies sollte an dieser Stelle erwähnt sein.
Allerdings obliegt dem Arbeitgeber die Beweislast, das heißt, er muss die notwendigen Beweise erbringen.
Deshalb stellt sich an dieser Stelle die Frage, wann ein Verdacht als „konkret“ anzusehen ist.
- Der Mitarbeiter kündigt seine Krankheit an, z.B. in einem Streitgespräch
- Häufige Krankschreibungen vor oder nach dem Urlaub, um das Wochenende herum oder an Brückentagen
- Der Zeitraum der Krankschreibung deckt sich mit dem Zeitraum von nicht genehmigten Urlaub
- Häufige Krankschreibungen von vielen verschiedenen Ärzten
- Der Arbeitnehmer ist ungewöhnlich oft krank. Man geht von einer gewöhnlichen krankheitsbedingten betrieblichen Ausfallzeit von 5% / Jahr aus. Übersteigen die Krankentage diesen Wert deutlich, so kann dies ein Indiz sein.
Natürlich gibt es weitere Anzeichen, die einen konkreten Verdacht begründen können, im Zweifelsfall ist es ratsam, sich von seinem Rechtsanwalt, Rechtsabteilung oder einer Detektei beraten zu lassen.
Sobald diese Rahmenbedingung erfüllt ist, steht einer Ermittlung bei Verdacht auf Lohnfortzahlungsbetrug nichts entgegen.
Tatort Unternehmen: Unterschlagung und Diebstahl
Unterschlagungshandlungen sind in Unternehmen quasi an der Tagesordnung. Das Delikt ist im Grunde ein sehr einfaches Unterfangen und bietet vielfältige Erscheinungsformen: angefangen von kleinen Tathandlungen, wie der Griff in die Kasse oder die unbezahlte Mitnahme von Verkaufsgütern bis hin zur Manipulation größerer Projekte.
In diesem Beitrag möchte ich mich der Unterschlagung von beweglichen Sachen widmen, umgangssprachlich gerne auch Diebstahl genannt. Juristisch betrachtet ist die rechtswidrige Aneignung von Dingen, die sich bereits im Besitz des Täters befinden, eine Unterschlagung gem. § 246 StGB.
Ein altes Sprichwort sagt „Gelegenheit macht Diebe“. Das gilt auch für Mitarbeiter, die Täter werden. Es ist nämlich davon auszugehen, dass sich kein Krimineller um einen bestimmten Job bewirbt, um zu stehlen. Vielmehr ist die passende Gelegenheit das Zünglein an der Waage. An dieser Stelle sei anzumerken, dass „diebstahlswillige“ Mitarbeiter sich ihre Karriere nach und nach aufbauen. Das heißt, dass zunächst kleinere Dinge entwendet werden. Dies geschieht auch eher rein zufällig, da sich eine unproblematische Wegnahmesituation bietet. Werden die Diebstähle nicht entdeckt bzw. geahndet, so fühlt sich der Täter immer sicherer und der Umfang rechtswidriger Aneignung wird immer größer.
Für den Täter kann es zwei Herausforderungen geben, die er meistern muss, um unentdeckt zu bleiben:
Er muss die Tat vertuschen und er braucht loyale Komplizen.
Die Vertuschungshandlung liegt eigentlich nur an ihm, gibt es jedoch keine Bestandsführung, so hat der Mitarbeiter ein leichtes Spiel, er muss keinerlei Belege fälschen, um seine Tat zu vertuschen.
Ist es ihm sogar noch möglich, ohne fremde Hilfe, die Sachen zu entwenden, so stellt die Unterschlagungshandlung wahrlich kein Hexenwerk mehr dar.
Doch zurück zur Vertuschung. Diese ist für den Täter ein notwendiges Übel, um seine Haupttat zu begehen. Möglicherweise handelt er diesbezüglich präventiv, um einen reibungslosen Tathergang zu gewährleisten oder er muss nachträglich Belege fälschen, um nicht aufzufliegen. Sollte ihm beides nicht gelingen oder möglich sein, so wird der Täter versuchen, den Verdacht von sich abzulenken. Gerade, wenn er zunächst ohne weiteres Zutun Ware entwenden kann, wird er sich ein „Opfer“ suchen, auf dieses er den Verdacht lenken möchte. Denn spätestens bei Inventuren werden Differenzen beim Lagerbestand auftauchen und diese müssen ja plausibel erklärt werden.
Es gibt aber auch den Tätertyp, der einfach nur aus dem Unternehmen entwendet, was nicht niet- und nagelfest ist und gut verwertet werden kann. Einfache Lagerarbeiter zum Beispiel haben ja auch keinerlei Zugang zur Bestandsführung und müssen sich über Manipulationen und Belegfälschungen keine Gedanken machen. Für sie gilt nur, einfach nicht erwischt zu werden.
In unserer Praxis als Ermittler begegnen wir regelmäßig Unterschlagungshandlungen. Für das Herausschaffen der Beute eignen sich hervorragend Schichten, die nicht stark besetzt sind, zum Beispiel Nachtschichten. Hier kann das Diebesgut einfach in den eigenen PKW geschafft werden. Aber im Grunde sind die Möglichkeiten vielfältig, gerade wenn mehrere Täter beteiligt sind, sei es vom eigenen Unternehmen, also wenn Kollegen zu Komplizen werden, oder Externe. So ist es zum Beispiel möglich, die Güter, die mit einem LKW transportiert werden an einem bestimmten Ort auf einen anderen Transporter umzuladen. Meist werden diese Güter an deren Abnehmer verkauft oder im Internet angeboten. Mit dem Verkauf (durch Dritte) wird neben der im Raum stehenden Unterschlagung noch ein weiteres Delikt relevant, nämlich die Hehlerei iSd § 259 StGB.
Ist der Täter Einzeltäter, so ist er für sich alleine verantwortlich, bei der zuletzt dargestellten Fallkonstellation bedarf es mehrerer Täter, die miteinander arbeiten. Hierbei gibt es bestimmte Strukturen, also wer welches „Ressort“ bedienen soll.
Die hier aufgezeigten Tathandlungen lassen sich im Rahmen einer Observation gut dokumentieren. Die schlüssige Darstellung der einzelnen Handlungen der jeweiligen Täter gibt dem geschädigten Unternehmen die Möglichkeit, die strafrechtliche Verfolgung in Betracht zu ziehen und auch arbeitsrechtliche Konsequenzen durchzusetzen.
Generell ist es wichtig, dass die Unternehmen bei Verdachtsmomenten handeln. Zunächst kleinere Unterschlagungshandlungen können sich zu einem ernsthaften Risiko entwickeln, da der Täter nach seinen Erfolgen mutiger wird und seine Handlungen auf größere Geldbeträge bzw. Werte ausstrecken wird ( Hemmschwellentheorie = die Hemmschwelle für kriminelle Handlungen sinkt immer mehr).
Beim Auftreten sog. Inventurdifferenzen lohnt es sich, im Internet in den jeweiligen Marktplätzen wie Quoka, Kleinanzeigen, Ebay oder Facebook Marketplace nach der entwendeten Ware zu schauen. Testkäufe können hierbei Rückschlüsse zum Täter herstellen, denn meist wird ein „Strohmann“ eingesetzt, oft der eigene Partner oder sonst eine Person aus dem näheren Umfeld des Täters.